Grupa Granica erhält Oberhausener Preis 2022

Evangelische Kirche Oberhausen zeichnet das Engagement der Organisation für Geflüchtete an der Grenze zwischen Polen und Belarus aus.

Die digitale Preisverleihung fand im Rahmen der Kreissynode am 11. November statt. Superintendent Joachim Deterding würdigte in einer Videokonferenz mit Vertretenden des polnischen Netzwerks ihre Arbeit in der osteuropäischen Grenzregion: „Wo die Politik Flüchtende zum Spielball von Machtinteressen macht, setzt die Grupa Granica mit ihrer humanitären Unterstützung ein starken Zeichen der Solidarität. Ich freue mich deshalb sehr, Ihnen heute im Namen des Kirchenkreises den Oberhausener Preis 2022 überreichen zu dürfen.“

Beata Siemiaszko, die als Vertreterin der Grupa Granica der Preisverleihung online zugeschaltet war, betonte in ihrer Dankesrede wie wichtig es ihnen sei, dass sie von weit entfernt lebenden Menschen wahrgenommen und wertgeschätzt würden.

Um wegen anhaltender Sanktionen Druck auf die Europäische Union auszuüben, hatte der belarussische Präsident Alexander Lukaschenko die Grenze zu Polen einseitig geöffnet. In der Hoffnung auf Asyl machten sich daraufhin Tausende Menschen auf den beschwerlichen Weg in den Transitraum zum östlichen EU-Mitgliedstaat. Die Mehrheit von ihnen stammt aus Ländern des Nahen Ostens, darunter Afghanistan, Jemen und Syrien.

Nach ihrer Ankunft strandeten die Flüchtenden in den Wäldern an der polnischen Grenze. Dort harren sie – ohne Obdach, Nahrung, Wasser und medizinische Versorgung – zeitweise bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt aus. Viele erleiden beim Überqueren der Grenzanlagen schwere Verletzungen. Darüber hinaus sehen sie sich körperlichen Übergriffen von Grenzsoldaten beider Staaten und gewaltsamen Abschiebungen (Pushbacks) nach Belarus ausgesetzt. Hinzu kommt die psychische Belastung durch die traumatischen Fluchterfahrungen.

Angesichts dieser eklatanten Menschenrechtsverletzungen schlossen sich polnische Freiwillige zur Grupa Granica (dt. Grenzgruppe) zusammen. Unter den Mitgliedern sind

Journalist*innen, Ärzt*innen, Juristin*innen und Wissenschaftler*innen. Sie versorgen die Geflüchteten mit Lebensmitteln, verteilen Decken und organisieren medizinische Hilfe – nicht selten unter Einsatz ihrer eigenen Gesundheit. Zudem leisten die Aktivist*innen rechtlichen Beistand und beraten bei Asylanträgen. Obwohl sie nach eigenen Angaben gesetzeskonform handeln, haben die Angehörigen der Grupa Granica in Ihrer Heimat politische Repressalien zu befürchten. Dass sie sich dennoch weiterhin engagieren, verdient Anerkennung über Landesgrenzen hinweg.

Der mit 1.000 Euro dotierte Oberhausener Preis wird seit 1989 jährlich an Organisationen und Initiativen verliehen, die sich weltweit in besonderer Weise für Frieden und Gerechtigkeit einsetzen. Mit der Auszeichnung der Grupa Granica erinnert der Evangelische Kirchenkreis Oberhausen an die aus der öffentlichen Wahrnehmung weitgehend verschwundene Situation der Geflüchteten an der osteuropäischen Außengrenze.

  • 14.11.2023
  • Sven Boger
  • Red